Kapitel: Appetithäppchen (Ausschnitt)
Um einen ersten Eindruck von finnischer Mentalität und Lebensart sowie finnischem Humor zu geben, sei eingangs eine Episode erzählt. Ich erlebte sie mit einem meiner besten (und das ist nicht ironisch gemeint!) Bekannten in Finnland.
Es liegt schon viele Jahre zurück, als ich zu meinem langjährigen finnischen Freund Matti fuhr. Matti wollte mir sein erst kurz zuvor erworbenes Sommerhausgrundstück vorführen. Immerhin hatte er es geschafft, als erste Baumaßnahme – wie in Finnland üblich – schon die Sauna zu errichten.
Nach einigen zwanzig Kilometern Herumirrens auf schmalen Sandwegen, mit ausgiebiger Erforschung unendlicher Waldungen und ausgedehnter Sümpfe, obwohl ich – meiner Überzeugung nach – exakt Mattis Wegbeschreibung gefolgt war, langte ich schließlich doch bei ihm an. Von meiner Odyssee durch die finnische Wildnis blieb er unbeeindruckt, vertrat unbeirrbar den Standpunkt, seine Wegschilderung sei einwandfrei. Nicht zu übertreffen an Deutlichkeit. Völlig unmöglich, sich damit zu verfahren. Zumal schon an der Weg-Einmündung von der „Hauptstraße“ (eine ca. drei Meter breite, von Löchern übersäte und ausgefahrene, unasphaltierte Piste) in fünf Kilometern Entfernung ein Schild mit seinem Namen stehe. Dass ich mich verirrt hatte, war nur meinem unterentwickelten Orientierungsvermögen zuzuschreiben.
Heutigentags, nach vielen Jahren „Erforschung“ finnischer Mentalität und Er-fahrung (im wahren Sinn des Wortes) insbesondere finnischer Wegbeschreibungen zu Sommerhäusern, ist mir klar, dass Matti Recht hatte: Seine damaligen Hinweise waren wirklich eindeutig. Mir als tumbem Deutschen war halt nur nicht klar, dass seine Aussage: „Du fährst dann das erste Weg rests (rechts), wenn Du von das große S-traße runter bist,“ die ersten drei rechts abzweigenden Wege ausklammerte. Und zwar völlig einleuchtend: Der erste rechts abgehende Weg führte nach zweieinhalb Kilometern direkt in einen Sumpf mit reichlich Wollgras – der war also zu vernachlässigen. Der zweite rechts führende Weg ging direkt hinter einem riesenhaften Findling im Wald ab. Erst, wenn man schon vorüber war, konnte er bemerkt werden. Und auf dem dritten kam man zum Sommerhaus eines Nachbarn, den Matti nicht leiden konnte: Weil der beim Eisangeln im Winter grundsätzlich mindestens einen Fisch mehr gefangen hatte als alle anderen. Logisch, dass sein Zufahrtsweg auch nicht zählte.
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